Jahrestagungen

Die Jahrestagung 2023 in Tübingen

Die Jahrestagung 2023 in Tübingen

Das Thema „Freiheit“ stand im Mittelpunkt der 125. (Jubiläums)-Generalversammlung der Görres-Gesellschaft, die von Freitag, dem 22. September 2023 bis zum Sonntag, dem 24. September 2023 in der Universitätsstadt Tübingen stattfand. Rund 300 Besucherinnen und Besucher nahmen an den mehr als 80 wissenschaftlichen Vorträgen und Rahmenveranstaltungen teil, die sich in der überwiegende Mehrzahl der Sektionen mit dem Rahmenthema der diesjährigen Tagung „Freiheit" befassten. Das Programm der Tagung können Sie hier abrufen. Das Exposé zum Thema finden Sie hier.

Festakt am Sonntag - Paul Kirchhof: "Der Staat ist der Garant der Freiheit"

Höhepunkt der Tagung war der Festakt am Sonntag, dem 24. September, bei dem Bundesverfassungsrichter a. D. Professor Dr. Paul Kirchhof den Appell „Der Staat ist der Garant der Freiheit“ formulierte. Er hob hervor, dass sich die „Freiheitsidee an die Gesellschaft, den einzelnen Menschen und den Staat wendet. Von der Gesellschaft erwartet sie Selbstbestimmung im Privatleben, in Wirtschaft und öffentlichem Meinungsaustausch. Den einzelnen Menschen führt sie in das Wagnis, das eigene Leben selbstverantwortlich zu gestalten. Der Staat ist Garant der Freiheit, hat ihre Voraussetzungen zu regeln, zu hegen und zu pflegen, kann aber auch ihr Gegner sein“, so Professor Kirchhof. Er benannte aktuelle „Gefährdungen des freien Informationstausches, des freien Wortes, der Forschung im Sog von Digitalisierung und Finanzierung, der Einbußen von Wettbewerbs- und Vertragsfreiheit und führte sie in eine Freiheitsperspektive“ zurück. „Geboten ist gegenwärtig eine neue Qualifikation zur Freiheit. Familien, Schulen, Vereine und Kirchen sind verpflichtet, die Menschen zur Freiheit zu befähigen. Der Staat muss dann zu neuem Vertrauen in den anständigen Bürger und den ehrbaren Kaufmann zurückfinden und gesetzlich unterscheiden, wann Freiheit Privatheit verlangt, einen rechtlichen Rahmen braucht, durch Finanzanreize gelenkt werden darf oder auf gesetzliche Ausgestaltung angewiesen ist“, sagte Professor Kirchhof. Die Rede können Sie hier nachlesen.

Einen leidenschaftlichen Appell gegen „Cancel Culture“ und für die akademische Freiheit hielt der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer, der daran erinnerte, dass die Stadt Tübingen von jeher ein Ort der Freiheit war. Die Baden-Württembergische Justizministerin Marion Gentges erinnerte in ihrem Grußwort an die 75-jährige Geschichte des bundesrepublikanischen Grundgesetzes, das die Freiheit garantiere. Die Rektorin der Universität Tübingen, Prof. Dr. Karla Pollmann, führte den 150 Gästen des Festaktes die Stärke des Wissenschaftsstandortes Tübingen vor Augen.
Abgeschlossen wurde der Festakt mit der Ehrung langjähriger Mitglieder der der Görres-Gesellschaft und der Verleihung der Preise für den Essay- und Kreativwettbewerb der Görres-Gesellschaft 2023 (Bericht zum Wettbewerb hier).

Festgottesdienst mit Predigt von Bischof Fürst:

In seiner Predigt beim Gottesdienst vor dem Festakt warb Bischof Dr. Gebhard Fürst (Rottenburg-Stuttgart) für eine Überwindung von Dialogunwilligkeit und Dialogunfähigkeit. Gegen diese Begriffe trete die Görres-Gesellschaft ein: „Als eine Aufgabe der Görres-Gesellschaft betrachte ich, für eine Kultur der Freiheit einzutreten, in der die Freiheit des Denkens, der Theologie, Philosophie und Wissenschaft zur verantworteten Freiheit in der Gestaltung des eigenen Lebens und des Miteinanders führt. Von Ihrem Selbstverständnis her als ‚eine Plattform, die die aktuellen wissenschaftlichen Debatten in ihrer gesellschaftlichen Vielfalt aufgreift und sich im Spannungsfeld von säkularer Welt, wissenschaftlichem Fortschritt und christlicher Tradition aktiv und profiliert daran beteiligt‘, kommt Ihnen an dieser Stelle eine große Bedeutung zu“, sagte Bischof Fürst. So verstanden, wirke die Görres-Gesellschaft im Sinn der Humanität mit, die Dimensionen von Freiheit und Kultur in Gesellschaft und Leben vorkommen zu lassen. „Diese Dimensionen sind meines Erachtens von großer Bedeutung. Darin sehe ich Ihre Aufgabe, in der ich Sie ausdrücklich bestärke.“ Die Meldung der Deutschen Bischofskonferenz können Sie hier nachlesen. Da Bischof Fürst kurzfristig erkrankt war, übernahm Abt Dr. Nikodemus Schnabel, Leiter des Jerusalemer Instituts der Görres-Gesellschaft, die Leitung des Gottesdienstes.

Der Präsident der Görres-Gesellschaft, Professor Dr. Bernd Engler, sagte mit Blick auf das Thema „Freiheit“: „Gegenwärtig können wir in verschiedenen Weltregionen beobachten, wie Menschen um ihre Freiheit und die ihres Staates kämpfen, oft unter Einsatz ihres Lebens. Das Verständnis von ‚Freiheit‘ ist von zentraler Bedeutung für unsere demokratische Gesellschaft. Damit einher gehen tiefgreifende Fragen, die wir bei unserer Tagung diskutieren wollen: Wie verhalten sich Freiheit und Verantwortung zueinander? Wo beginnt, wo endet die Freiheit – etwa auch in der Wissenschaft? Welche ethischen Leitplanken gilt es zu beachten, beispielsweise in Fragen der Medizin- und Bioethik?“, so Professor Engler.

"Nachdenken über Eberhard" zum Auftakt:

Zum Auftakt am Freitag Abend begrüßte Görres-Präsident Professor Dr. Bernd Engler, der bis zum letzten Jahr Rektor der Eberhard-Karls-Universität Tübingen war, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu seinem "Heimspiel". Im Anschluss sprach die Tübinger Historikerin Professor Dr. Sigrid Hirbodian über das Thema “Nachdenken über Eberhard. Die Diskussion über den Namen der Eberhard Karls Universität Tübingen“. Professorin Hirbodian war Vorsitzende der Gutachterkommission, die sich mit dem Namen der Universität Tübingen befasste. Gegenstand ihrer Untersuchungen war die geschichtliche Einordnung der beiden Namensgeber der Universität und die Frage, ob diese weiterhin im Namen der Universität geführt werden sollten.

Wissenschaftliches Programm der Tagung:
Am Samstag tagten die Sektionen der Görres-Gesellschaft. So widmete sich die Wirtschafts- und Sozialwissenschaft, die in Zusammenarbeit mit der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft e. V. tagte, dem Thema „Verantwortete Freiheit – 75 Jahre Soziale Marktwirtschaft“. Die Philosophie diskutierte „Paradoxien der Freiheit“ und fragte unter anderem nach der „Freiheit in Zeiten des Klimawandels“. Bei der Sektion für Geschichte ging es um die „Geschichte und Gefährdung der Wissenschaftsfreiheit“. Die Sektion für Religionswissenschaften verglich u. a. den Freiheitsbegriff in verschiedenen Weltreligionen und die Europäische Ethnologie debattierte das Thema „Fremdbestimmung und Selbstbestimmung: Die Gestaltung von Lebensstilen und Lebensformen“. Die Debatte der Sektion Rechts- und Staatswissenschaften widmete sich dem Thema „Zuwanderung und Zugehörigkeit – Entwicklungen im Migrations- und Staatsangehörigkeitsrecht“.

Wissenschaftlicher Nachwuchs im "Jungen Forum":

Bemerkenswert war die große Zahl von Angehörigen des wissenschaftlichen Nachwuchses, die den Weg nach Tübingen gefunden hatten und eine bedeutende Gruppe unter den rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern bildeten. Am Samstag, dem 23. September 2023, fand das Treffen des Präsidiums der Görres-Gesellschaft, Prof. Dr. Bernd Engler und Görres-Vizepräsidentin Frau Prof. Dr. Sabine Seichter, mit dem Jungen Forum der Görres-Gesellschaft sowie Stipendiatinnen und Stipendiaten statt. Der Leiter des Jungen Forums, Florian Geidner, stellte das Netzwerk, das in den vergangenen fünf Jahren auf 220 Mitglieder angewachsen ist, vor und erläuterte die zahlreichen Aktivitäten, u.a. Studienreisen und Tagungen.  

Prof. Engler betonte dabei die Bedeutung des wissenschaftlichen Nachwuchses für die Görres-Gesellschaft und lud dazu ein, sich in der Sektionsarbeit und z.B. bei der Diskussion um Rahmenthemen künftiger Generalversammlungen lebhaft zu beteiligen. Nach dem Empfang am Samstag Abend traf sich die Gruppe nochmals, im Lokal „Neckarmüller“ und diskutierte die Eindrücke der Tagung.

Gründung einer Görres-Stiftung beschlossen:

Im Rahmen der Mitgliederversammlung der Görres-Gesellschaft beschlossen die Anwesenden einstimmig die Gründung einer Stiftung zur Förderung der Görres-Gesellschaft, deren Erträgnisse insbesondere den Publikationsprojekten, öffentlichen Veranstaltungen sowie jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zugutekommen sollen. Um die Stiftung einzurichten, wird ein Grundstock von 100.000 Euro benötigt. Spenden hierfür können ab sofort auf das Konto bei der Kreissparkasse (KSK) Köln unter dem Verwendungszweck „Stiftung“ Görres-Gesellschaft getätigt werden (IBAN: DE 48 3705 0299 0000 0205 01, BIC: COKS DE 33).

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